Samstag, 12. August 2017

Buchrezension: Margarita Kinstner - Mittelstadtrauschen

Inhalt:

Wien, die "Stadt der Seele": Als Marie im Café stolpert und einen Kaffee umstößt, lernt sie nicht nur Jakob kennen, sondern setzt damit auch eine Reihe von Geschichten in Gang. Jakob verliebt sich in Marie und trennt sich von seiner Freundin Sonja, die bald darauf jemand anderen trifft: Gery. Er war der beste Freund von Joe – der früher mit Marie zusammen war und sich mit einem spektakulären Sprung in den Donaukanal das Leben genommen hat. Ein mysteriöses Testament taucht auf, das im Prater verlesen werden soll – in Anwesenheit von Gery und Marie. Eine Liebesgeschichte, märchenhaft und modern zugleich, ein Roman über Einsamkeit, Sehnsucht und Liebe.

Rezension:

Der Roman beginnt mit einer Szene in einem Café in Wien, als Marie irritiert von einer stillenden Mutter eine Tasse Kaffee umstößt und dabei Jakob kennenlernt, der sich auf den ersten Blick in Marie verliebt. Jakob trennt sich daraufhin von seiner Freundin Sonja, die mit knapp 30 Jahren Torschlusspanik hat und nicht lange allein sein kann. So lernt diese bald Gery kennen, dessen bester Freund Joe sich bei einem Sprung von einer Brücke in die Donau vor Kurzem das Leben genommen hat. Joe ist wiederum der Exfreund von Marie, dessen Trennung sie nicht verwunden hatte.

Im Verlauf des Romans begegnet der Leser noch vielen weiteren Personen wie Maries Vater und Jakobs Eltern, Nachbarn und Bekanntschaften. Wie magisch scheinen alle Protagonisten in Wien auf irgendeine Art und Weise in Verbindung miteinander zu stehen. So ist beispielsweise Gery der Essen-auf-Rädern-Lieferant der Großmutter von Jakob, Hedi. Hedis Tochter Traude wird von ihrem Ehemann mit ihrer Schwester Anna betrogen.

Wie ein roter Faden zieht sich der Selbstmord von Joe durch das Buch, bis es am Ende zur kuriosen Testamentseröffnung im Wiener Prater kommt.

Ich hatte vor allem zu Beginn des Romans Probleme den Überblick über die handelnden Personen und weiteren Nebencharakteren zu behalten, die zum Teil nur einmalig auftreten, und in das Beziehungsgeflecht einzuordnen. "Mittelstadtrauschen" ist damit kein Roman für Zwischendurch, da man als Leser gezwungen ist, konzentriert den Seiten zu folgen, um keine Verbindung zwischen den Personen zu verpassen.

Aufgrund der Vielzahl der Charaktere ist keine stringente Handlung vorhanden, der man gespannt folgen könnte. Der Roman besticht jedoch durch die sinnreich gewählten Worte der Autorin, intelligente Wortspiele und anschauliche Metaphern, mit der sie dem Leser die sichtbaren und unsichtbaren Verbindungen der Menschen untereinander aufzeigt. Themen wie persönliche Enttäuschungen, Ängste, Liebe und Einsamkeit in einer Großstadt, in der sich Menschen flüchtig begegnen und nicht wirklich wahrnehmen und kennenlernen, stehen dabei im Vordergrund.

"Mittelstadtrauschen, hatte Joe es genannt. Die Menschen rauschen an dir vorbei, und die meisten von ihnen erkennst du schon am nächsten Tag nicht wieder. Mittelstadtrauschen, das war seine Bezeichnung für Wien. Weder Metropole noch Kleinstadt – Mittelstadt eben."


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen