Samstag, 1. Oktober 2016

Buchrezension: Shilpi Somaya Gowda - Geheime Tochter

Inhalt:

Somers Leben ist genauso, wie sie es sich immer vorgestellt hat. Frisch verheiratet, mit einem neuen Job als Ärztin in San Francisco. Doch dann stellt sie fest, dass sie keine Kinder bekommen kann.Zur gleichen Zeit wird in einem abgelegenen indischen Dorf ein Mädchen geboren. Kavita, die Mutter, erkennt, dass sie das Leben ihrer Tochter nur retten kann, wenn sie sie weggibt. Als Somer und ihr Ehemann ein Foto des Mädchens in einem Waisenhaus in Mumbai sehen, entscheiden sie sich für eine Adoption. Somer ahnt, dass dieser Weg nicht leicht wird. Aber sie hofft, dass Liebe alle Probleme lösen kann.

Rezension:

"Geheime Tochter" schildert die Schicksale dreier unterschiedlicher Frauen, die miteinander verbunden sind.

Die junge Inderin Kavita ist zum zweiten Mal schwanger. Nachdem ihr Mann Jasu ihr bereits nach der ersten Geburt das Mädchen entrissen hat, beschließt sie, ihr zweites Kind heimlich auf die Welt zu bringen. Es ist wieder ein Mädhcen und kein Stammhalter für die Familie, der auf dem Land benötigt wird. Kavita bringt ihr Kind schweren Herzens nach Mumbai in ein Waisenhaus, wo es die Chance auf ein Leben erhalten soll.
Später wird Kavita zur großen Freude von Jasu den ersehnten Jungen Vijay gebären, mit dem sie in der Hoffnung auf Bildung und Wohlstand in die Stadt ziehen werden.

Somer ist Ärztin in Kalifornien und glücklich verheiratet mit Krishnan, der aus Indien stammt. Als sie mit Anfang dreißig die Diagnose erhält, dass sie aufgrund einer vorzeitigen Menopause keine Kinder bekommen kann, entschließt sich das Paar zu einer Adoption.
Krishnans Mutter unterstützt in Indien ein Waisenhaus finanziell und ist dort auf das hübsche Mädchen Usha/ Asha aufmerksam geworden. Auch Somer und Krishnan sind von den Fotos der Kleinen angetan und reisen in Krishnans Heimat, um die Adoption des einjährigen Mädchens zu vollziehen.
Asha gewöhnt sich schnell an die neue Umgebung und fühlt sich bei ihren Eltern wohl. Als Jugendliche wird ihr aber bewusst, dass sie rein Äußerlich anders ist als ihre Feundinnen und fühlt sich mit ihrem dunklen Teint und den dicken, schwarzen Haaren immer ein wenig fremd.
Somer hat sich selbst für die Familie zurückgenommen und auf ihre Karriere verzichtet, um nachmittags für Asha da sein zu können, während Krishnan sich einen Namen als Neurochirurg machen konnte. Aufgrund der optischen Ähnlichkeit zwischen Asha und Krishnan fühlt sich Somer als wäre sie adoptiert und leidet darunter, dass Asha als Erwachsene ihre Heimat kennenlernen möchte.

Als angehende Journalistin reist die 19-jährige Asha nach Mumbai, um an einem Projet über Straßenkinder zu arbeiten. Sie lebt in der Zeit bei den Eltern von Krishnan und lernt so zum ersten Mal ihre Großfamilie in Indien kennen. Asha wird herzlich aufgenommen und fühlt sich zu Hause, wie sie es in den USA nicht spürte.
Indien ist aber auch ein Land der Gegensätze. Während sie innerhalb ihrer Familie den Wohlstand eines reichen Arztes in bunten Farben und Angestellten kennenlernt, wird ihr außerhalb der Familie die Armut und Hoffnungslosigkeit in den Slums bewusst.
Wenig überraschend beginnt sie mit Nachforschungen in Bezug auf ihre eigene Herkunft. In dem Waisenhaus, in dem sie als Baby war, sind noch Unterlagen über ihre Adoption vorhanden und so erfährt sie zumindest die Namen ihrer Eltern.

Die Handlung des Romans erstreckt sich von 1984 bis 2004 und spielt sich zu einem Großteil in Indien ab.
Der Leser wird vor allem mit der Armut und Verzweiflung der Menschen in Indien konfrontiert und der Tatsache, dass dort aufgrund einer restriktiven Geburtenregelung mehr Jungen als Mädchen auf die Welt kommen. Das Leben auf dem Land ist von der harten körperlichen Arbeit geprägt, weshalb viele Landarbeiter von einem bequemeren Leben in der Stadt träumen. Ein sozialer Aufstieg ist allein durch Anstrengung kaum möglich, wie anhand von Vijay beschrieben wird, der in Mumbai in die Kriminalität abdriftet.

Aber auch das Leben der Familie in Kalifornien ist nicht (nur) glücklich. Asha möchte mehr über ihre Wurzeln erfahren und Somer hat genau davor Angst und fürchtet, Asha zu verlieren. Die Ehe von Somer und Krishnan leidet unter den schwelenden Konflikten. Krishnan kann sich nicht in seine Ehefrau hineinversetzen und genießt ganz offen die Gemeinsamkeiten zwischen ihm und seiner Adoptivtochter. Somer dagegen weigert sich, seine Familie in Indien zu besuchen.

"Geheime Tochter" ist eher ein Unterhaltungsroman als ein Roman, der sich tiefgehend mit einem vom Kastenwesen und Armut geprägten Leben in Indien und den weitreichenden Folgen einer Adoption (im Ausland) kritisch auseinandersetzt.
Der Roman reißt in Bezug auf die drei Familien so viele Aspekte an, so dass er einerseits überladen wirkt, andererseits aber aufgrund des begrenzten Umfangs des Buches viele Details ausspart.

Somer macht während der einjährigen Abwesenheit von Asha in Indien eine unwahrscheinliche Veränderung durch und erfährt ausgerechnet durch Yoga ihre innere Zufriedenheit, was mir zu simpel gelöst war.
Das Ende, als die gesamte Familie in Indien vereint ist, ist betont versöhnlich und war mir insgesamt zu "happy", da sich alle offenen Konflikte ohne weitere Diskussion aufgelöst hatten.
Auch Ashas Verhalten in Bezug auf die Suche nach ihren leiblichen Eltern konnte ich am Ende nicht ganz nachvollziehen. 


1 Kommentar:

  1. Hallo Lena,

    ich habe das Buch gehört und gelesen und es hat mich sehr fasziniert und berührt. Ich lese und entdecke sehr gerne Bücher über und aus Indien. Schade, dass dich diese Geschichte nicht ganz überzeugen konnte. Ich fand gerade das Ende so überzeugend und toll, weil es kein koplettes "Happy End" hatte. Spannend, wie unterschiedlich man Bücher wahrnehmen kann.
    Ich habe deine Rezi HIER bei mir verlinkt.

    GlG und ein schönes Wochende für dich,
    monerl

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